[Review] AI: THE SOMNIUM FILES - nirvanA Initiative - Jack-Reviews.com

[Review] AI: THE SOMNIUM FILES - nirvanA Initiative

The Somnium Files

NirvanA Initiative ist ein direktes Sequel zu The Somnium Files und handelt davon wie die Psyncer von ABIS erneut versuchen einem Serienmörder das Handwerk zu legen. Im Gegensatz zum Vorgänger ist die Story allerdings in zwei Handlungsstränge geteilt die 6 Jahre auseinander liegen. Im ersten schlüpft man in die Rolle von Kuruto Ryuki, der zwar bei weitem nicht so pervers ist wie Kaname Date, aber dafür von einem AI Ball namens Tama unterstützt wird die einen S&M Fetisch besitzt, sich wie eine Domina kleidet und in so gut wie jeder Szene mindestens einen perversen oder anzüglichen Kommentar von sich gibt. Im Büro von ABIS macht sie es sich außerdem am liebsten zwischen den Brüsten des Bosses gemütlich.

Wer gehofft hatte, dass der Protagonistenwechsel für ein weniger perverses Spielerlebnis sorgen würde, den muss ich also direkt enttäuschen. Selbst die Pornoheft-Actionszenen sind immer noch vertreten, wenngleich nur an den Stellen an denen Date in die Story involviert ist. Der zweite Handlungsstrang, in dem man in die Rolle von Mizuki schlüpft (mit Unterstützung von Aiba), ist in der Hinsicht zwar nicht ganz so schlimm, aber selbst da kommt man um solche Momente nicht herum. Es gibt außerdem einen Dress Up Modus in dem man seinen Ai Bällern andere Klamotten anziehen kann die mithilfe der Somniums freigeschaltet werden. Nicht gerade ein Feature das der Reihe unbedingt gefehlt hätte, aber existiert jetzt! Auch wenn es keinen wirklichen Sinn erfüllt da die Kleidung beim ersten Durchlauf eines Somniums eh nicht angezeigt wird.

Tama Ryuki ABIS

Die Story ist dafür von Anfang an interessant da die neuen Mordfälle nicht nur außergewöhnlich, sondern auch unmöglich wirken. An jedem Tatort wird nämlich nur eine Hälfte des aktuellen Opfers gefunden, welche auf molekularem Level perfekt von ihrer anderen Hälfte getrennt wurde. Letztere taucht jedes Mal 6 Jahre später auf, ohne Zeichen von Verwesung oder irgendwelchen Chemikalien die den Körper all die Jahre hätten aufrecht erhalten können. Und bizarrerweise wird bei der zweiten Hälfte jedes Mal ermittelt, dass das Opfer erst vor kurzem verstorben ist, was natürlich unmöglich sein sollte.

Um das zu erklären werden direkt Theorien wie Teleportation oder Zeitreisen in den Raum geworfen, aber ob irgendwas davon der Wahrheit entspricht, werde ich hier natürlich nicht spoilern. Bevor man der Antwort auf die Schliche kommt, vergehen aber viele Stunden die auf Seiten Ryukis mehr Fragen als Antworten mit sich bringen. Das hat mich an der Stelle zwar nicht gestört, aber im Zusammenhang mit mysteriösen Videos wird relativ früh ein Story-Element enthüllt das für Kenner des Vorgängers problematisch sein könnte: Die Geheimorganisation Naixatloz ist real und scheinbar so leicht aufzufinden, dass Ryuki, sobald er von erfährt, direkt zu deren Hauptquartier fährt und kurz darauf die Präsidentin der japanischen Zweigstelle verhört.

Geheimorganisation

Ryuki behauptet an der Stelle zwar, dass er Schwierigkeiten gehabt hätte das Hauptquartier zu finden und die Hilfe seiner Chefin in Anspruch nehmen musste, aber davon sieht man leider nichts. Um das ganze noch schlimmer zu machen, wird außerdem erwähnt, dass alles, was man im ersten Teil über Naixatloz erfahren hat, falsch ist, was für mich wie ein billiger Retcon wirkt. Das dümmste an der Sache ist außerdem, dass Iris, die felsenfest an die Existenz von Naixatloz geglaubt hat und dachte, dass die Organisation etwas mit ihrem Tumor zu tun hätte, nie auch nur in irgendeiner Art und Weise auf diese Enthüllung reagiert. Von daher wäre es logischer gewesen einfach eine neue Organisation zu erfinden anstatt Naixatloz rückwirkend als real zu erklären.


Im Zusammenhang mit Naixatloz hat Uchikoshi aber wieder interessante Konzepte eingebaut die mir persönlich zwar bereits bekannt waren, bei denen es sich aber durchaus lohnen könnte sie in so einer pseudowissenschaftlichen Story zu behandeln. Darunter die Simulations-Theorie (dass die Welt in der wir leben nur eine Simulation ist) und der Mandela Effekt (dass viele Menschen falsche Erinnerungen teilen die eventuell durch die Interaktion mit Parallelwelten zustande kommen). Inwiefern diese Theorien mit den Morden in Verbindung stehen, müsst ihr aber selbst herausfinden.

HB Murder Case

Bezüglich der Mordfälle hat sich am Gameplay aber nicht sonderlich viel geändert. Die Untersuchungen sind erneut in eine Sequenz in der realen Welt, sowie in Somniums unterteilt. In der realen Welt untersucht man also Hinweise und kann dabei zwischen der normalen Sicht, X-Ray Sicht und einem Infrarot-Modus wechseln, bevor man anschließend den Tathergang rekonstruiert. Das einzig neue Feature sind Wink Syncs, mit denen man für ein paar Sekunden in das Unterbewusstsein einer Person eintauchen kann um eventuell neue Informationen zu enthüllen.


In den Somniums muss man dafür innerhalb von 6 Minuten mentale Schlösser knacken um Informationen zu enthüllen die die Verdächtigen in der realen Welt nicht preisgeben wollen. So muss man an einer Stelle zum Beispiel ein Märchenbuch lesen das eigentlich ein Tagebuch darstellt, dessen Inhalt aber nur dann preisgegeben wird wenn man gewisse Ereignisse der Märchen reproduziert. Um das zu erleichtern kann man mit bestimmten Aktionen Timies sammeln die die Dauer von Aktionen reduzieren. Es gibt allerdings auch negative Timies die genau das Gegenteil bewirken und auf jeden Fall bei der nächsten Aktion verwendet werden müssen.
 
Traumwelt

Im Gegensatz zum Vorgänger basieren die Somniums aber nicht mehr ganz so sehr auf Traumlogik, was sie eventuell ein bisschen langweiliger und vorhersehbarer macht, aber zumindest  dafür sorgt, dass man nur selten auf Trial & Error zurückgreifen muss. Und das einzige Somnium wo ich wirklich Probleme hatte, war eins, wo der letzte Hinweis so weit entfernt ist dass man einen ordentlichen Zeitbuffer benötigt um überhaupt das Ende erreichen zu können. Es gibt zwar auch ein Escape Room Somnium an dem ich eine Weile gesessen habe, aber sobald man die Antworten kennt, kann man die Räume beim nächsten Versuch direkt verlassen ohne das Rätsel wiederholen zu müssen.

Da bereits gesehenen Zwischensequenzen vorgespult werden können, dauert es außerdem nie sonderlich lange ein Somnium zu wiederholen. Und im Gegensatz zum ersten Teil ist mir das Spiel in keinem Somnium abgestürzt, wodurch ich mir diesmal tatsächlich Zeit lassen konnte anstatt so schnell wie möglich durchzurushen. Ich hatte nur ganz am Anfang einen Crash, weil der Vollbild Modus meine Grafikkarte scheinbar direkt überfordert hat, während der Borderless Modus (auf höherer Auflösung!!) keinerlei Probleme darstellte.

nirvanaA Initiative

Eine Sache die mich diesmal an den Somniums stört, ist aber, dass absolut niemand fragt was zum Henker eine Psync Maschine ist, warum sie da rein sollen, aber trotzdem jedes Mal freiwillig mitmachen, selbst wenn sie Informationen besitzen die sie um keinen Preis enthüllen wollen. In den meisten Fällen lauft es außerdem auf „Hey, ich glaube du weißt irgendwas, also geh mal in die Psynch Maschine“ hinaus, sprich es existiert nur selten ein triftiger Grund um diese Person überhaupt in Gewahrsam zu nehmen. Es gibt außerdem einen Fall in dem der Verdächtige tatsächlich bereit wäre zu enthüllen was auch immer er weiß, aber stattdessen trotzdem in die Psync Maschine gesteckt wird, obwohl ABIS an der Stelle unter enormen Zeitdruck steht da in wenigen Stunden etwas furchtbares passieren soll.


Storytechnisch hat nirvanA Initiative aber noch ein viel größeres Problem. Und zwar den großen Twist der das ganze Spiel in ein neues Licht rücken soll. Der mag von der Idee her zwar nicht schlecht sein, aber wenn man auch nur ein klein bisschen drüber nachdenkt, dann wird schnell offensichtlich dass er einzig und allein für die Spieler existiert. Für die Charaktere gibt es also keinen große Aha Moment in dem plötzlich alles Sinn ergibt. Und das ist vor allem deswegen problematisch weil Uchikoshi die selbe Art von Twist bereits in mehreren Spielen verwendet hat. Dort hat er aber nicht nur das Verständnis der Spieler, sondern auch das der Charaktere beeinflusst. Uchikoshi hat also zum wiederholten Male alte Twists in schlechterer Form recycelt und dabei die Glaubhaftigkeit der Story kompromittiert. Gewisse Dinge ergeben nämlich keinen Sinn wenn man länger drüber nachdenkt, da sie nur existieren um den Twist zu ermöglichen.
 
Nirvana X

Es gibt außerdem einen anderen Twist der die Story auf fantastische Art und Weise hätte entgleisen lassen können, aber stattdessen nur ein optionales Ending freischaltet das noch nicht mal 10 Minuten dauert. Und anstatt irgendwelche bahnbrechenden Enthüllungen mit sich zu bringen, besteht dieses Ending nur aus ein paar Gesprächen die alle am selben Ort stattfinden. Von der Idee her ist diese Sequenz also richtig cool, aber die Umsetzung lässt leider zu wünschen übrig.


Das zeigt sich leider auch beim Mordfall selber. Der mag auf den ersten Blick zwar interessant wirken, aber sobald man ein paar Leichen gefunden hat, kann man sich absolut sicher sein dass jeder Mord absolut identisch ablaufen wird. Das einzig Überraschende ist also nur das Opfer, aber selbst da gibt es nur zwei Fälle die ich als interessant bezeichnen würde. Verglichen mit den brutalen und unvorhersehbaren Morden des Cyclops Killers wirken diese Halbkörper Morde also geradezu langweilig.
 
Somnium Psync

Mich stört außerdem, dass die Entwickler so sehr vermeiden wollten den ersten Teil zu spoilern, dass die Charaktere sich nicht wirklich weiterentwickeln durften, worunter vor allem Dates Beziehung zu Mizuki und Hitomi leidet. Man kann am Anfang zwar einen Spoiler-Modus aktivieren indem man zwei Quizfragen richtig beantwortet (von der ich eine nachschlagen musste da die Antwort zu obskur war), das scheint die Dialoge aber nur geringfügig zu beeinflussen. Für Neueinsteiger mag dieses Feature zwar nett sein, aber mit gerade mal zwei Spielen ist die Reihe so übersichtlich, dass es für mich keinen triftigen Grund gibt den ersten Teil zu überspringen.


Ich muss außerdem sagen, dass die Actionszenen ebenfalls schlechter sind als im Vorgänger. Dates Porno Power Ups waren zwar bescheuert, aber zumindest unterhaltsam inszeniert. nirvanA Initiative bietet dafür viel zu viele Kämpfe in denen einfach nur stumpf um sich geschlagen wird. Und obwohl es mehrere Massenschlachten gibt, kommt leider niemals Spannung auf. Trotz Schusswaffen stehen die Gegner nämlich die meiste Zeit nur dumm in der Gegend rum. Und wenn sie doch mal schießen, dann gehen 99% aller Schüsse ins Leere, selbst wenn Dutzende Waffen auf ein und den selben Charakter gerichtet sind. Die Quick-Time-Events sind auf dem Standard Schwierigkeitsgrad außerdem so simpel, dass man sich schon anstrengend müsste um sie zu vergeigen. Von daher können selbst diese keine Spannung in die Action injizieren. Und einen höheren Schwierigkeitsgrad gibt es leider nicht. Nur zwei die scheinbar noch viel leichter sind.
 
Trashmobs

Mizuki ist dank ihrer Superkräfte außerdem viel zu stark, auch wenn ihr Powerlevel extrem inkonsistent ist. In manchen Szenen rast sie nämlich wie der Flash durch die Gegend, aber wenn es drauf ankommt scheint sie nicht schneller zu sein als jeder x-beliebige Zivilist, was vor allem das Finale unnötig in die Länge zieht. Die Entwickler hätten sich also entweder die Szenen sparen sollen in denen sie umherflitzt, oder sie hätten irgendwelche genetisch modifizierten Gegner einbauen sollen die tatsächlich mit Mizuki mithalten können. Wäre zumindest spannender gewesen als Massenschlachten gegen identisch aussehende Trashmobs.


Nachdem ich mir die Soundtracks beider Spiele nochmal angehört habe, würde ich außerdem sagen, dass der erste Teil hier ebenfalls ein klein wenig die Nase vorn hat. Zum einen weil nirvanA Initiative die selbe Musical Einlage mehrfach ohne große Änderungen recycelt, und zum anderen weil das große Finale mehrere Stellen hat die für mich so schlecht klingen, dass ich mir den Song kein zweites Mal antun wollen würde. Und das gilt leider sowohl für die Englische, als auch die Japanische Fassung. Invincible Rainbow Arrow könnte ich dafür problemlos in Dauerschleife hören.
 
Musical

Abschließend würde ich also sage, dass nirvanA Initiative durchaus ein unterhaltsames Spiel ist, seinen Vorgänger aber höchstens im Gameplay überbieten kann. Und selbst das wird nur durch reduzierte Traumlogik erreicht, wodurch die Somniums eventuell etwas langweiliger sind und so gut wie nie strategisches Vorgehen erfordern. Wer den ersten Teil mochte, wird also sicherlich Spaß dran haben. Allen anderen würde ich aber raten erst mal den Vorgänger zu spielen, auch wenn es durchaus möglich wäre das Sequel ohne Vorwissen zu spielen. Wer mit einer schier endlosen Flut aus perversen Kommentaren nichts anfangen kann, der sollte aber um beide Spiele einen weiten Bogen machen.

>> Das Spiel kann auf Steam erworben werden <<

Abschließende Bewertung


NirvanA Initiative ist zwar ein unterhaltsames Spiel, aber die interessante Prämisse leidet unter extrem vorhersehbaren und geradezu langweiligen Morden die denen des Cyclops Killers nicht das Wasser reichen können.

 

Positive Aspekte von NirvanA Initiative

  • Die englische Sprachausgabe ist erneut gelungen.
  • Es werden interessante Themen behandelt, auch wenn deren Payoff zu wünschen übrig lassen kann.
  • Die Somniums laufen diesmal nicht so sehr auf Trial & Error hinaus und sind mir im Gegensatz zu denen des Vorgängers niemals abgestürzt.
  • Interessante Rätsel bei denen man etwas länger nachdenken muss um auf die Lösung zu kommen.

 

Negative Aspekte von NirvanA Initiative

    • Die Story wirkt teilweise sehr künstlich konstruiert.
    • Gewisse Story-Elemente des Vorgängers wurden unnötigerweise geretconned.
    • Der Mordfall scheint zwar interessant zu sein, kommt aber nie an die brutalen und unvorhersehbaren Morde des Cyclops Killers heran.
    • Zu viele Massenschlachten gegen identisch aussehende Trashmobs die absolut nichts können, wodurch keinerlei Spannung aufkommt.
    • Es gibt zumindest in Ryukis Teil der Story so gut wie keine Szene in der nicht irgendein perverser oder anzüglicher Kommentar gemacht wird.