[Review] Life is Strange - Jack-Reviews.com

[Review] Life is Strange

Zeitreise
Life is Strange erzählt die Geschichte von Max Caulfield, einer Fotografie-Studentin die in der Lage ist die Zeit zurückzudrehen
Das ist auch schon alles, was ich bis vor Kurzem über das Spiel wusste, habe ich es doch erfolgreich vermieden mir nach der Bekanntgabe irgendwelche Trailer oder gar Reviews anzuschauen. Ich habe ansonsten nur gehört, dass es Game of the Year Material wäre. Und dem würde ich mich durchaus anschließen, wenngleich die Art von Story vermutlich nicht jedem zusagen wird.

Mangels Vorwissen hatte ich keine Ahnung worum es überhaupt gehen könnte. Mit einer Geschichte über Freundschaft, Mobbing und vor allem das Erwachsenwerden hatte ich allerdings nicht gerechnet. Zumal es anfangs so wirkt, als würde es auf eine etwas epischere Story hinauslaufen.

Bevor Max ihre Kräfte entdeckt hat sie nämlich eine Vision, in der ihr Heimatort Arcadia Bay von einem gewaltigen Tornado verschlungen wird. Und dieser scheint schon in wenigen Tagen über die Stadt herzufallen ohne dass irgendjemand darüber Bescheid weiß.

Arcadia Bay

Natürlich hält Max das zuerst für einen Traum, scheint sie doch nur während ihres Fotografie-Unterrichts weggepennt zu sein. Aus diesem Traum wird allerdings bitterer Ernst als Max's Kindheitsfreundin Chloe Price auf der Damen-Toilette erschossen wird. Daraufhin erwachen Max's Fähigkeiten die es ihr erlauben die Zeit bis kurz nach ihrer Vision zurückzudrehen.

Von da an kann sie, mit gewissen Limitationen, stets in den Lauf der Zeit eingreifen und die Ereignisse nach ihren Wünschen formen. Was sie unter anderem dazu nutzt um Gespräche mit zukünftigem Wissen in andere Bahnen zu lenken.

Was folgt ist eine Geschichte die sowohl lustig als auch taurig und deprimierend ist und für einiges an nostalgischen Gefühlen sorgen dürfte. Immerhin dürfte sich jeder mit den behandelten Themen irgendwie identifizieren können, egal ob es nun beste Freunde, Mobbing oder Probleme im Elternhaus betrifft.

Dazu kommen gut ausgearbeitete Charaktere und realistisch wirkende Dialoge, die die gesamte Story so wirken lassen, als ob sie tatsächlich passiert sein könnte. Von der Zeitumkehr mal abgesehen. Diese dient nicht nur als Gimmick um Rätsel zu lösen, sondern erlaubt es einem die Story nach seinen Vorlieben zu formen.

Max Chloe

In der Hinsicht erinnert Life is Strange an Telltale Spiele (und genau wie dort gibt es am Ende einer jeden Episode Statistiken was die Entscheidungen betrifft), nur dass es hier wesentlich konsequenter durchgezogen wird. Die Grundstory bleibt zwar immer die selbe, aber sowohl die großen als auch die kleinen Entscheidungen machen sich durch die Bank bemerkbar. Charaktere deren Leben man retten kann, werden also keinesfalls unweigerlich den Löffel abgeben. Dafür können auch Menschen sterben, die eigentlich bis zum Ende am Leben hätten bleiben könnten.

Die Story ist allerdings nicht darauf fixiert einem immer dramatischere Momente vor die Nase zu werfen. Stattdessen geht es sogar recht gemächlich zur Sache. Einzig die letzte Episode wirft dies aus dem Fenster und versucht ein bombastisches Finale zu liefern. Ob einem das gefällt ist eine andere Sache. Manche scheint die Episode jedenfalls kalt gelassen zu haben. Und andere fanden die Endings furchtbar.

Ich kann die Gründe zwar verstehen, zumal eins der Endings recht lieblos wirkt, aber es ist nicht so als ob sie aus dem Nichts kommen würden. Manche behaupten zwar es würde keinerlei Sinn machen, dass Chloes Rettung für den Tornado verantwortlich ist, aber diejenigen scheinen das Gesamtbild nicht zu verstehen.

Dass Chloe überlebt ist schlussendlich nur der Anfang einer Kettenreaktion in der Max die Zeit nach Lust und Laune manipuliert, egal ob es darum geht Menschen zu beeinflussen oder wahrhaft grausige Ereignisse zu vereiteln. Dabei erschafft sie sogar eine andere Weltlinie deren Existenz alles nur noch schlimmer machen dürfte. Diese wird zwar kurz darauf ungeschehen gemacht, das garantiert aber keinesfalls, dass sie auch tatsächlich aufhört zu existieren.

Deswegen ist Max's letzter Sprung im "wahren" Ende auch so wichtig. Dieser stellt nicht nur die ursprüngliche Zeitlinie wieder her, sondern verhindert gleichzeitig, dass sie ihre Kräfte je wieder einsetzt. Immerhin kann sie es sich nicht erlauben noch einen Tornado heraufzubeschwören.

Life is Strange

Natürlich könnte man jetzt sagen, dass die Endings alle Entscheidungen für nichtig erklären. Immerhin werden sie in einem Ende ausgelöscht und im anderen stirbt jeder der von hätte profitieren können. Schlussendlich ist all das aber trotzdem passiert, selbst wenn nur Max sich dran erinnern sollte. Und die Ereignisse haben ihr dabei geholfen ein besserer Mensch zu werden.

Es mag zwar verlockend klingen jeden noch so kleinen Fehler ungeschehen zu machen, aber dann kann man auch nicht draus lernen.  Warum sollte man auch an seinem Verhalten arbeiten wenn man die Zeit solange zurückdrehen kann bis alles so läuft wie man es sich wünscht?

Von daher habe ich gegen das Ende absolut nichts einzuwenden. Klar hätte man es anders machen können, aber man kann es halt nicht jedem Recht machen. Dementsprechend halte ich es auch für schwachsinnig, dass es scheinbar Petitionen für ein besseres Ende gibt. Ist nicht so als läge hier eine Situation wie in Mass Effect 3 vor.

Kate

Perfekt ist Life is Strange allerdings nicht, schon weil es manchmal seine eigenen Regeln bricht. So gibt es eine Stelle an der Max entweder ein Foto machen oder in einen Streit eingreifen kann. Das lässt sich zwar beliebig umkehren, aber wenn sie eingreift lässt sich das Foto später nicht als Beweis verwenden. Dabei lassen sich Gegenstände die in der Zukunft erworben wurden auch in die Vergangenheit mitnehmen. Hätte an der Stelle also ebenfalls funktionieren müssen.

Manche Gameplay-Abschnitte sind außerdem nerviger als sie es sein müssten. So brauchte ich an einer Stelle einen Code um ein Schloss zu knacken, hatte mir diesen aber nicht aufgeschrieben als ich ihn zum ersten Mal gesehen habe. Dementsprechend durfte ich mich durch unzählige Notizen arbeiten um die Nummer wiederzufinden. Wenn es wenigstens ein Inhaltsverzeichnis gegeben hätte anstatt jede einzelne Notiz durchklicken zu müssen...

Außerdem gibt es zumindest eine Ungereimtheit was die Story angeht. In Max's ursprünglicher Vision ist der Leuchtturm nämlich alles andere als sicher, hätte er sie an einer Stelle doch beinahe erschlagen. Warum gilt er in Episode 5 also plötzlich als sicherer Ort wo Max und Chloe dem Tornado entgehen können?

Davon abgesehen ist Life is Strange aber ein wundervolles Spiel das ich jedem nur empfehlen kann. Allerdings nur dann, wenn ihr mit dem gemächlichen Tempo und der dialoglastigen Story auch tatsächlich etwas anfangen könnt. Könnte für manche sicherlich langweilig sein, weswegen sowas lustiges und actionlastiges wie Tales from the Borderlands vermutlich eine bessere Wahl wäre.

 

Abschließende Bewertung



Life is Strange mag nicht das spannendste Spiel der Welt sein, aber dafür wirkt die Welt so real, dass man sich wunderbar in sie hineinversetzen kann. Außerdem werden Themen behandelt mit denen sich jeder irgendwie identifizieren können sollte.

 

Positive Aspekte von Life is Strange

  • bis auf kleinere Macken wurde das Konzept wunderbar umgesetzt
  • die Story trifft genau die richtigen Töne, schafft sie es doch sowohl lustig als auch traurig oder deprimierend zu sein
  • sowohl kleine als auch große Entscheidungen machen sich irgendwie bemerkbar, selbst wenn die Grundstory die selbe bleibt

 

Negative Aspekte von Life is Strange


  • das Tempo könnte für manche zu gemächlich sein
  • ein paar Gameplay-Abschnitte sind nerviger als sie es sein müssten
  • es gibt ein paar Abschnitte an denen das Spiel gegen seine eigenen Regeln verstößt