[Review] Dreamfall Chapters - Jack-Reviews.com

[Review] Dreamfall Chapters

The Longest Journey

Dreamfall Chapters dient als Abschluss der Story die im Jahre 2006 mit Dreamfall begonnen wurde und führt gleichzeitig die Story von The Longest Journey zuende. Es gibt zwar Pläne für ein weiteres Spiel mit April Ryan in der Hauptrolle (The Longest Journey Home, welches sowohl vor als auch nach Dreamfall spielen soll), aber momentan sieht es nicht so aus als ob dieser Teil der Geschichte noch das Licht der Welt erblicken würde. Ist an sich auch nicht nötig, obwohl es hier und da noch Lücken gibt die geschlossen werden könnten. Im Gegensatz zu Dreamfall muss sich also keiner wundern wie die Story denn nun weitergeht.

Es wäre aber vermutlich besser gewesen, wenn Dreamfall Chapters schon vor einigen Jahren erschienen wäre. So haben sich die Entwickler aber sehr von Telltale inspirieren lassen und lauter Entscheidungen eingebaut die Fans der Vorgänger sicher nicht gebraucht hätten. Die Idee an sich ist zwar okay, aber wenn das Ende sowieso schon feststeht, dann muss die Story sich nicht unbedingt beeinflussen lassen. Zumal viele Entscheidungen im Großen und Ganzen eh keine Rolle spielen. Man kann zwar das Schicksal mehrerer Charaktere beeinflussen, aber die meisten waren mir schlichtweg egal wodurch mich deren eventuelles Ableben nicht gestört hat.

Bei einer linearen Story hätten solche Tode vielleicht emotionaler wirken können. Und dann wäre das Spiel eventuell auch spannender gewesen. Wobei die mangelhafte Action auch am Budget liegen könnte, welches extra über Kickstarter zusammengekratzt werden musste.

Dreamfall Chapters Review

Wie hier zu sehen hat das Spiel zwar gute Effekte zu bieten, aber wenn es dann mal gilt Kämpfe zwischen den Charakteren zu zeigen, sind diese meist innerhalb von Sekunden vorbei. Am schlimmsten ist dabei die Stelle wo ein Kampf stattfindet und die Kamera die ganze Zeit auf dem Gesicht eines der Antagonisten haften bleibt. In der Szene ist zwar keiner der Protagonisten involviert, aber wie soll denn Spannung aufkommen wenn ich nur das Ergebnis zu sehen bekomme?

An einer früheren Stelle fühlte ich mich außerdem getrollt. Da wird plötzlich auf die Gruppe geschossen ... und das wars. Danach laufen sie gemütlich von dannen ohne dass dieses Ereignis irgendwelche Folgen hätte. Dabei hätte ich zumindest ein paar Wachen erwartet die sich einem in den Weg stellen und aus dem Weg geräumt werden müssen. Das Kampfsystem in Dreamfall war zwar schlecht, aber wenn die Entwickler sich schon an Telltale orientieren, warum dann keine Quicktime Kämpfe oder irgendwas in der Art einbauen?

Zoë Castillo

Die Story hat aber auch ohne die mangelhafte Action so ihre Probleme.  Zoës Versuch ihrem Koma zu entfliehen ist zwar interessant, zumal bereits vermittelt wird, dass die Traummaschinen selbst nach Dreamfall weiterhin ein Problem darstellen, aber die nächsten Bücher ruinieren das ein bisschen. Nach ihrem Koma verliert Zoë nämlich all ihre Erinnerungen und beginnt ein neues Leben in einem Kaff namens Propast, wo sie lauter Aufgaben erledigt die mit ihrem ursprünglichen Ziel so gut wie nichts zu tun haben. So geht sie einem neuen Job nach, betätigt sich als Wahlkämpferin, verbringt ein bisschen Zeit mit ihrem Freund.

Bei ordentlicher Dosierung sicher kein Problem. Mir kam es aber so vor als diene ein Großteil der ersten drei Bücher nur dazu das Spiel zu strecken. So muss Zoë sich an einer Stelle um einen Roboter kümmern der als Comic Relief dienen soll obwohl ich ihn echt nervig fand. Der kommt zwar später nochmal vor, seine Existenz ist aber vollkommen irrelevant und hätte ebenso durch einen x-beliebigen Roboter ersetzt werden können. Das selbe gilt für einen Gangster der ein ganz großes Tier zu sein scheint obwohl er im gesamten Spiel nur zweimal vorkommt. Somit hätte seine erste Szene weggelassen und seine zweite mit irgendwem anders ersetzt werden können.

Dann wäre das Rumgerenne in Propast vermutlich nicht ganz so schlimm gewesen. Dazu muss man übrigens die ganze Zeit die Rennen-Taste gedrückt halten. Wäre wohl zu schwer gewesen eine Taste zum wechseln der Laufgeschwindigkeit einzubauen...

Dreamfall: The Longest Journey

Kians Seite der Geschichte hat dummerweise ähnliche Probleme. Sein Gefängnisausbruch ist zwar nicht so interessant wie Zoës Traumwelt, aber es war zumindest ein ordentlicher Anfang. Daraufhin rennt er drei Bücher lang nur in Marcuria herum um den Rebellen helfen. Mag mehr mit der Story zu tun haben als Zoës "Abenteuer", aber ich hätte mir wirklich abwechslungsreichere Settings gewünscht. Arcadia ist immerhin eine Fantasy Welt mit magischen Kreaturen und bezaubernden Orten. Die ganze Zeit nur in der selben Stadt rumzurennen ist da schon ein bisschen enttäuschend.

Erst im vierten und somit vorletzten Buch bekommt man tatsächlich ein neue Orte zu Gesicht. Auf Kians Seite sind diese zwar eher langweilig, aber Zoë besucht dafür ein paar wunderschöne Gebiete die einige Anspielungen auf die Vorgänger bereithalten. Zu diesem Zeitpunkt steigert sich auch endlich das Tempo der Erzählung, wenngleich es im letzten Buch weit über das Ziel hinaus schießt.

Es gibt nämlich noch einen dritten Protagonisten, ein kleines Mädchen namens Saga, welches im Laufe der Zeit zu einer erwachsenen Frau heranwächst. Man kann sich zwar denken was es mit ihr auf sich hat, aber ihre Rolle beim Kampf um das Gleichgewicht wird erst am Ende offensichtlich. Und zu dem Zeitpunkt wirkt sie wie eine Deus Ex Machina da sie sich Offscreen allerlei Wissen angeeignet hat das über ihr weiteres Vorgehen entscheidet.

Balance

Ihre Geschichte hat vermutlich am meisten unter dem mangelhaften Budget gelitten. Aber wäre es nicht möglich gewesen Zoës Geschichte in Propast zu kürzen (zum Beispiel indem sie ihre Erinnerungen behält) und sich stattdessen auf Saga zu fokussieren? Dann hätte mich ihre Rolle im letzten Buch vielleicht nicht ganz so gestört.

Andauernd zwischen drei Charakteren zu springen hätte aber andere Probleme mit sich gebracht, immerhin fand ich manche der Nebencharaktere eher mangelhaft ausgearbeitet. Um dafür zu kompensieren hätte das Spiel nochmal um einiges länger sein müssen. Und da hätte das Budget erst recht nicht mitgespielt.

Von daher mögen manche Entscheidungen aufgrund von Geldmangel getroffen worden sein, aber ich wünschte, sie hätte die Story trotzdem irgendwie besser ausbalancieren können. Sie dürfte zwar einen ordentlichen Abschluss der Serie darstellen, aber es gibt einfach zu viele Mängel die mich daran hindern das Spiel von ganzem Herzen zu empfehlen. Ich muss allerdings sagen, dass ich so gut wie keine Erinnerungen an The Longest Journey und Dreamfall habe. Ansonsten hätte die Story vielleicht eine emotionalere Wirkung gehabt.

wunderschön

Neben der mangelhaften Story gibt es aber auch noch ein paar Gameplay-Probleme, darunter nervige und/oder unlogische Rätsel. So muss Kian an einer Stelle eine Lunte anzünden, kann aber keine der Fackeln benutzen die überall in der Gegend rumhängen. Diese sind nämlich nichts weiter als Dekoration und können dementsprechend nicht mal angeschaut werden. Stattdessen muss er Gegenstände zusammensuchen um Funken zu schlagen. Aber das geht erst, wenn er weiß, dass er genau das tun will. Von daher bin ich eine Weile planlos in der Gegend rumgelaufen.

Und bei Zoë gibt es ein tolles Rätsel wo man einen Ort betreten muss der direkt im Sichtfeld einer Wache liegt. Diese lässt sich aber in keinster Weise ablenken. Erneut eine Stelle wo ich planlos rumgerannt bin bis ich keine Lust mehr hatte und in die Lösung geschaut habe. Wie sich herausgestellt hat, hätte ich wissen müssen, was ein bestimmter Roboter bei einer bestimmten Dialogoption tut. Aufgrund des Settings und der allgemeinen Atmosphäre hatte ich beim ersten Mal aber drauf verzichtet. Und somit wusste ich natürlich nicht, dass ich das vielleicht als Ablenkung hätte benutzen können.

Das größte Problem von Dreamfall Chapters ist aber die Performance. Mein PC mag nicht der beste sein (was sich in ein paar Monaten hoffentlich ändert), aber laut den Steam Foren haben selbst Besitzer von aktuellen Grafikkarten teils massive Probleme. Das hat mir mein PC auch gut vermittelt. An manchen Stellen war er mucksmäuschenstill, an anderen drehte der Lüfter plötzlich auf Hochleistung obwohl es dafür nur selten einen Grund gab. Innenräume waren dabei schlimmer als die Städte selbst. Und bei manchen Gesprächen hatte jeder Kamerawinkel eine andere Lautstärke zu bieten. Hätte mich nicht gewundert, wenn der Lüfter zwischendurch den Geist aufgegeben hätte.

Laut den Entwicklern scheinen die Probleme an Unity zu liegen. Ich kenne mich mit der Engine zwar nicht aus, aber irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass die Performance bei der Grafikleistung tatsächlich so schlecht sein soll. Dreamfall Chapters sieht zwar keinesfalls schlecht aus, aber mit anderen modernen Titeln kann es nun wirklich nicht mithalten. Wer mehr Ahnung von der Materie hat, kann mich aber gerne eines Besseren belehren.

Zoe Castillo

Insgesamt ist Dreamfall Chapters jedenfalls okay. Nicht so packend wie manche Telltale Spiele an denen es sich orientiert, aber Fans der Vorgänger könnten durchaus auf ihre Kosten kommen, wenngleich manche Fragen ungeklärt bleiben. Wie das Schicksal eines Charakters der angeblich noch sehr wichtig sein sollte obwohl er hier nicht mal erwähnt wird. Und das Tempo zieht im letzten Buch doch etwas rapide an, wodurch manche Szenen nur Sekunden dauern.

Aber hey, zumindest ist die Story endlich abgeschlossen. Und falls es irgendwann doch noch weitergeht, dann hoffentlich mit einem besseren Budget. The Longest Journey Home sollte sowieso ein 2D Adventure werden. Das müsste sich doch leichter umsetzen lassen, auch wenn es dann vielleicht nicht ganz so gut aussieht.


 

Abschließende Bewertung



Dreamfall Chapters ist für ein Adventure ganz okay. Und es hat sein Ziel die Story von Dreamfall zu beenden auf jeden Fall erreicht. Aufgrund des mangelhaften Budgets scheint es aber einige Abstriche gegeben zu haben. Und die Performance lässt selbst auf aktuellen Rechnern zu wünschen übrig.

 

Positive Aspekte von Dreamfall Chapters


  • die Synchronsprecher leisten durch die Bank gute Arbeit
  • im Gegensatz zu Dreamfall gibt es tatsächlich ein Ende mit dem man leben kann
  • das Spiel kann teilweise sehr hübsch aussehen, vor allem wenn man im vierten Buch endlich mehr von Arcadia zu Gesicht bekommt

 

Negative Aspekte von Dreamfall Chapters

 
  • selbst auf aktuellster Hardware scheint es Performance-Einbrüche zu geben
  • es gibt keine Möglichkeit dauerhaft zwischen Rennen und Gehen zu wechseln
  • das Pacing lässt zu wünschen übrig, ist es doch anfangs zu langsam und im letzten Buch zu schnell
  • Sagas Geschichte hätte ausführlicher behandelt werden müssen damit sie nicht wie eine wandelnde Deus Ex Machina wirkt
  • es kommt so gut wie keine Spannung auf da die Action-Sequenzen zu schnell abgehandelt werden