[Review] Torment: Tides of Numenera - Jack-Reviews.com

[Review] Torment: Tides of Numenera

Isometrisches Rollenspiel


Torment: Tides of Numenera ist ein isometrisches Rollenspiel das als spiritueller Nachfolger zu Planescape: Torment fungiert. Mangels Dungeons & Dragons Lizenz ist das Spiel allerdings im namensgebenden Numenera Universum angesiedelt. Dessen Hauptfokus ist die Neunte Welt, sprich die Erde in der fernen Zukunft, welche nach dem Zusammenbruch von acht großen Zivilisationen mit den Überresten der alten Welt übersät ist. Dadurch ist das Setting eine Mischung aus Fantasy, Science-Fiction und Cyberpunk, was einiges zur Atmosphäre beiträgt.

Ich habe allerdings keine Ahnung ob es in irgendeiner Art und Weise mit seinem Vorbild Schritt halten kann. Ich habe mir Planescape: Torment zwar irgendwann mal angesehen, aber das Gameplay fand ich damals nicht so prickelnd und habe dementsprechend nach ein paar Stunden wieder aufgehört. In einer Hinsicht scheinen sich die Spiele aber geradezu identisch zu sein: es wird extrem viel geredet und nur wenig gekämpft. Man kann in Torment zwar regelmäßig Kämpfe bestreiten (jedenfalls so nach den ersten 10 Stunden), aber in den meisten Fällen lassen sich die Konflikte auch friedlich lösen.

Es gibt außerdem Kämpfe in denen man sich die Umgebung zunutze machen kann um die Gegner zu bezwingen, zum Beispiel indem man ein Stasis-Feld aktiviert und sie somit kampfunfähig macht. Sich komplett durchzureden ist aber in keinster Weise möglich. Diese Behauptung habe ich zwar mehrmals gelesen, aber es gibt ein paar Konfrontationen die sich einfach nicht vermeiden lassen, vor allem wenn man alles sehen will was das Spiel zu bieten hat. Darunter sind zwar ein paar Kämpfe in denen NPCs alleine den Sieg davontragen können, aber das ändert ja nichts an der Situation.

Rollenspiel

Bevor ich weiter auf das Gameplay eingehe, sollte ich aber vermutlich erzählen was es eigentlich mit der Story auf sich hat. Diese dreht sich um einen namenlosen Charakter der am Anfang einfach mal vom Himmel fällt und kurz darauf als Last Castoff bekannt ist, als die letzte Hülle des Wandelnden Gottes (Changing God) der schon seit Ewigkeiten von Körper zu Körper springt und dadurch eine stetig wachsende Anzahl an unsterblichen und übermächtigen "Kindern" zurücklässt. Dementsprechend hat mich die Story ein bisschen an Baldur's Gate erinnert, wenngleich der Wandelnde Gott eine etwas aktivere Rolle einnimmt als Bhaal. Seine "Kinder" kämpfen zwar nicht darum seinen Platz einzunehmen, sie sind aber trotzdem in einer nicht enden wollenden Schlacht gefangen in der eine Seite für die Ideale ihres Gottes kämpft während die andere ihn vernichten will.

Mehr kann und will ich in dieser Hinsicht auch nicht vorwegnehmen. Das Spiel dauert nämlich nur so 25 Stunden (inklusive aller Sidequests die ich finden konnte) und die ersten 10 verbringt man in der ersten Stadt in der sich die Hauptstory so gut wie gar nicht fortbewegt. Gegen Ende ging mir aber alles viel zu schnell. Ich dachte zwar, dass ich mich so langsam aber sicher aufs Finale zubewegen würde, aber plötzlich war ich schon mittendrin und circa eine Stunde später war ich dann auch fertig. Und dabei konnte ich mir auch jedes einzelne Ende anschauen da diese einzig und allein vom letzten Dialog abhängen. Ist also nicht gerade optimal, zumal die Sache mit den Endings einiges an Motivation raubt um überhaupt einen zweiten Durchgang zu probieren.

Maw

Der Rest des Spiels hilft da auch nicht wirklich, immerhin gibt es nur zwei Hubs in denen es wirklich viel zu entdecken gibt. Dementsprechend habe ich auch nicht das Gefühl wirklich viel verpasst zu haben, von drei Partymitgliedern mal abgesehen. Das Spiel ist dummerweise auch viel zu einfach (von ein paar Kämpfen mal abgesehen), wodurch es ab einem bestimmten Zeitpunkt fast unmöglich ist Talentproben zu verhauen. Dabei haben die Entwickler an dieser Stelle sogar mal was neues probiert.

Jeder Charakter hat nämlich Zugriff auf drei Statuswerte: Stärke, Intelligenz und Geschwindigkeit. Diese sind allerdings nur in begrenzter Menge vorhanden und deren Effektivität wird natürlich noch von der Skillung des jeweiligen Charakters beeinflusst. So ist es zum Beispiel möglich kostenlose Punkte zu skillen wodurch diese bei Talentproben nicht verbraucht werden. An sich ein nettes System, wenn da nicht die Tatsache wäre, dass man in so gut wie jedem Gebiet kostenlos übernachten und die Punkte somit wiederherstellen kann. Dadurch habe ich all die Items die die Punkte wieder aufladen könnten eigentlich umsonst gekauft.

Statuswerte

Wer viel kämpft sollte aber trotzdem zugreifen, nur so zur Sicherheit. In Kämpfen werden die Punkte nämlich benötigt um überhaupt Schaden anzurichten. Die einzige Möglichkeit keine Punkte verschwenden zu müssen ist die Anwendung von Cyphers, magischen Artefakten die sowohl positive als auch negative Effekte haben können. So gibt es welche die die ganze Gruppe heilen, alle Gegner verletzen, den Anwender stärken, oder sogar eines das einen Gegner für mehrere Runden komplett kampfunfähig macht. Man kann je nach Skillung aber nur eine begrenzte Menge an Cyphers mit sich tragen. Alles was darüber liegt hat negative Auswirkungen auf den jeweiligen Charakter. Ist bei manchen aber nicht so schlimm da diese permanente Upgrades mit sich bringen und somit gleich verbraucht werden können.

Davon abgesehen ist das Kampfsystem aber extrem simpel. Man kann pro Runde einmal laufen und einmal angreifen (oder zweimal laufen und gar nicht angreifen) und dann gibt es noch ein paar Buffs und Debuffs. In den meisten Fällen habe ich aber einfach nur zugeschlagen oder Callistege mächtige Gruppenzauber um sich schleudern lassen. Das hat selbst beim Endgegner gereicht, der geradezu ein Witz war. Den muss man aber gar nicht bekämpfen wenn man sich im vorherigen Dialog gut anstellt. Ich habs dann einfach nur aus Spaß probiert weil es ansonsten gar keinen Endkampf gegeben hätte.

Von daher mag das Kampfsystem nichts besonderes sein, aber für die Menge an Kämpfen reicht es vollkommen aus. Es scheint mit größeren Gegnergruppen aber nicht zurecht zu kommen. Am Ende gibt es davon nämlich einige und da hat das Spiel bei jedem Zug gelaggt. Bei einem Kampf ist es außerdem mehrfach und wiederholbar eingefroren. Nachdem ich mit einer anderen Aktion begonnen habe ging es aber wieder.

Kampf

Trotz all seiner Probleme ist Torment aber trotzdem ein Spiel das ich Fans von storylastigen Spielen empfehlen würde. Das Pacing mag zwar zu wünschen übrig lassen, aber es gibt vor allem gegen Ende noch einige interessante Enthüllungen. Und das Setting ist nach vielen generischen Fantasy Rollenspielen mal was anderes. So trifft man zum Beispiel eine Rasse die sich durch Abtrennung ihrer Körperteile fortpflanzt, einen Kult der Erinnerungen bewahrt indem seine Mitglieder Leichen verschlingen (oder auch Verbrecher die die Todesstrafe erhalten haben) und der zweite Hub besteht einfach mal aus den Innereien einer gewaltigen Bestie die nicht nur die Körper sondern auch die Emotionen oder Erinnerungen ihrer Opfer verschlingt und sich mit Portalen in fremde Welten bedankt.

Die Partymitglieder können teilweise auch ganz interessant sein, gibt es doch zum Beispiel eine Frau die ihr Wissen erweitern wollte und dabei die Barrieren zwischen den Welten durchbrochen hat. Seitdem ist sie mit Echos ihrer Selbst in vielen unterschiedlichen Dimensionen verbunden, von denen manche nichts lieber täten als ihre "Schwestern" auszulöschen um endlich wieder allein sein zu können. Im Gegensatz zu Baldur's Gate 2 gibt es aber dummerweise keine interessanten Gespräche zwischen den Partymitgliedern. Und sie haben auch nur selten etwas neues zu erzählen. Da hätten die Entwickler also durchaus mehr draus machen können.

Vielleicht schaue ich mir irgendwann Planescape: Torment nochmal an um einen besseren Vergleich zwischen den Spielen ziehen zu können. Eine Enhanced Edition wie bei Baldur's Gate wäre da vermutlich genau das richtige. Und wenn keine erscheinen sollte ... dann schaue ich halt mal. Momentan stehen aber andere Spiele auf dem Plan.


 

Abschließende Bewertung



Torment: Tides of Numenera ist ein interessantes Rollenspiel mit einem bizarren Setting dessen Gameplay aber viel zu einfach ist. Mit einer Spielzeit von 25 Stunden ist es für das Genre außerdem recht kurz.

 

Positive Aspekte von Torment: Tides of Numenera



  • die Story ist trotz diverser Probleme ganz interessant
  • die Welt wurde grafisch gut in Szene gesetzt, vor allem im zweiten Hub
  • eine bizarres Setting das Fantasy, Science-Fiction und Cyberpunk miteinander vereint
  • die meisten Kämpfe kann man in irgendeiner Art und Weise umgehen, wodurch das simple Kampfsystem kein wirkliches Problem ist

 

Negative Aspekte von Torment: Tides of Numenera


  • das Finale kommt ein bisschen plötzlich
  • das Kampfsystem laggt bei größeren Gegnergruppen
  • langweiliger Soundtrack der in den meisten Fällen nicht mal auffällt
  • die Partymitglieder haben nur selten etwas neues zu sagen und reden auch nicht miteinander
  • das Spiel ist trotz eines interessanten Statuswert-Systems viel zu einfach da man eigentlich überall kostenlos schlafen kann