[Review] Never7 -The End of Infinity- - Jack-Reviews.com

[Review] Never7 -The End of Infinity-

Visual Novel

Never7 ist der erste Teil der Infinity Trilogie, zu der auch Ever17 und Remember11 gehören. Für mich ist es dementsprechend aber der letzte Teil den ich tatsächlich gespielt habe, weil Ever17 schon viel zu viele Slice of Life Momente hatte und Never7 in dieser Hinsicht noch viel schlimmer sein sollte. Das ist aber auch nicht verwunderlich, da Never7 hauptsächlich eine Slice of Life Romanze mit einer kleinen Prise Mystery ist. Im Gegensatz zum Rest der Reihe sind die Charaktere nämlich nirgendwo gefangen sondern unternehmen einfach nur einen Ausflug als Teil ihre College Seminars. Und da dieses Seminar keine nennenswerten Ziele zu verfolgen scheint, verbringen sie ihre Zeit damit Tennis zu spielen, angeln zu lernen und auch mal mit einer Mutprobe die sie in die finsteren Tiefen eines Friedhofs schickt.

Klingt nicht sonderlich interessant, aber es gibt zumindest einen Plotpunkt der Spieler bei der Stange halten soll: Makoto, der Protagonist, hat am ersten Tag einen Traum laut dem eins der Mädchen aus seiner Gruppe am sechsten Tag sterben wird. Und da er im Laufe des Spiels immer wieder Visionen von Ereignissen hat die kurz darauf tatsächlich eintreten, kann man durchaus davon ausgehen, dass sein Traum sich ebenfalls bewahrheiten wird. Und bis dahin dauert es auch gar nicht so lange, da die Common Route beim ersten Mal nur 2 - 3 Stunden einnimmt und für jeden weiteren Charakter so auf 30 Minuten reduziert werden kann. Trotz der Slice of Life Story hätten die Entwickler sich in dieser Hinsicht aber eindeutig mehr Zeit lassen sollen. Teilweise rast man nämlich nur so von Szene zu Szene, wodurch weder die Story noch die Beziehungen zwischen den Charakteren sich ordentlich entfalten können.

Never7 -The End of Infinity-
 
Und das führt zum Beispiel im Falle von Okuhiko, dem einzig anderen männlichen Charakter, in Windeseile zu Beziehungsdrama bevor irgendeine dieser Beziehung sich tatsächlich etablieren konnte. Dass irgendein Mädchen tatsächlich Interesse an ihm haben könnte wird außerdem in keinster Weise glaubhaft rüber gebracht, da sich seine Rolle im Spiel auf "reiches, arrogantes Arschloch" reduzieren lässt. Er existiert also quasi nur um Konflikte zu entfachen und Makoto zu beleidigen und hat ansonsten keine wirkliche Existenzberechtigung.

Die weiblichen Charaktere sind zum Glück nicht ganz so unterentwickelt, hätten aber trotzdem von einer umfangreicheren Story profitiert. Vor allem in Bezug auf ihre Charakterrouten, die allesamt nur circa eine Stunde dauern und dadurch noch gehetzer wirken als die Common Route. Das mag aufgrund der Struktur dieser Routen zwar durchaus Sinn ergeben, aber gut gemacht fand ich es trotzdem nicht. Zumal die Route die in gewisser Weise das wahre Ende beinhaltet in dieser Hinsicht bei weitem nicht so schlecht ist.

betrunken

Bevor ich weiter auf die Story eingehe muss ich aber noch was zu den Charakteren sagen. Genauer gesagt zu Yuka und Saki, die ich nach Okuhiko zu den schlechtesten Charakteren des Spiels zählen würde. Yuka mag zwar anfangs ganz nett wirken, dieser Eindruck hält aber nur so lange bis sie anfängt sich zu besaufen. Und das nicht nur ein- oder zweimal, sondern zu jeder noch so kleinsten Gelegenheit, wodurch die Gespräche an diesen Stellen einfach nur fürchterlich zu lesen sind, wie im oberen Screenshot zu sehen ist. Nichtsdestotrotz will das Spiele einem weiß machen dass Yuka klug genug wäre eine bahnbrechende Entdeckung zu machen die sonst niemandem aufgefallen ist. Ich will zwar nicht behaupten dass Säufer nicht klug sein können, aber in diesem Kontext fand ich es einfach nur unglaubwürdig.
 
Saki ist dafür genau wie Okuhiko: reich, arrogant und dafür auch noch eine Tsundere, was es schwer macht Interesse für sie zu empfinden. Weil was will ich denn bitte mit einer Freundin die ständig auf mich herabblickt und andauernd mit irgendwem Streit anfängt? Sie mag zwar auch ihre guten Eigenschaften haben, aber im realen Leben hätte sie mich längst vergrault bevor ich diese jemals zu Gesicht bekommen hätte. Die führen an einer Stelle außerdem dazu dass Makoto sich richtig bescheuert verhält und Saki so sehr anpisst dass es so wirkt als ob sie nie wieder ein Wort mit ihm wechseln würde ... bis zu ihrem nächsten Treffen, wo sie plötzlich richtig freundlich zu ihm ist und weder verlangt dass er sich für sein Verhalten entschuldigt, noch dieses in irgendeiner Art und Weise erwähnt. In der Hinsicht hätte das Spiel also eindeutig davon profitiert wenn sich die Entwickler mehr Zeit gelassen hätten. 

Infinity Visual Novel Trilogy
 
Die restlichen Charaktere fand ich glücklicherweise ganz angenehm, auch wenn die Kürze ihrer Routen leider dafür sorgt dass keine ihrer Stories wirklich glänzen kann. Das liegt allerdings nicht nur am Tempo, sondern auch daran wie die Mystery Storyline um das sterbende Mädchen gehandhabt wurde. Deren Auflösung fand ich in jeder einzelnen Route nämlich viel zu einfach, wodurch der Infinity Aspekt der Story für mich nur wenig Sinn ergibt. Das "wahre" Ende ist in dieser Hinsicht allerdings am schlimmsten, weil es einige sehr interessante und verwirrende Enthüllungen bereithält die das komplette Spiel in ein neues Licht tauchen, nur um Spieler dann auf bescheuertste Art und Weise mehrfach hinters Licht zu führen, was in einem Finale kulminiert in dem schlussendlich nichts erklärt wird.
 
Die Idee hinter diesem offenen Ende mag zwar gut sein, aber die Umsetzung finde ich einfach nur furchtbar. Von daher bin ich froh dass ich den Rest der Infinity Reihe bereits gespielt habe und dadurch die Wahrheit kenne die einem hier normalerweise vorenthalten wird. Bizarrerweise gab es diese ursprünglich aber gar nicht. Never7 ist nämlich ein Re-release mit zusätzlichen Content. Das ursprüngliche Spiel, Infinity, hatte dafür keinerlei verwirrende Twists zu bieten und auch keine Route die irgendwie wahrer wirken würde als die anderen Routen. Diese Fassung hat sich aber scheinbar nicht besonders gut verkauft, was ich absolut nachvollziehen kann. Von daher bin ich froh dass die Entwickler diese komplexere Route später noch nachgereicht haben, auch wenn das Endergebnis trotzdem durchwachsen sein mag. Ansonsten hätte es Ever17 und Remember11 vermutlich beide nicht gegeben, welche Never7 in jeglicher Hinsicht überbieten.

Mondlicht

Das sind dementsprechend aber auch die einzigen Teile der Infinity Reihe die ich tatsächlich empfehlen kann. Es gibt zwar noch 12Riven und Code 18, ersteres war aber als Beginn der Integral Reihe geplant, welche nie einen zweiten Teil erhalten hat, und letzteres ist Teil einer Reboot Trilogie die ebenfalls direkt gecancelt wurde. Ist aktuell aber sowieso egal da bisher keins der Spiele übersetzt wurde, zumindest nicht in spielbarer Form. Und Code 18 soll sich sowieso nicht lohnen. Von daher bin ich mit der Reihe erst mal durch. Und da Never7 kein besonders gutes Spiel ist hat sich an meinem Gesamteindruck schlussendlich nichts geändert.
 
Die Trilogie hat zwar viele gute Ideen und ein paar richtig coole Twists zu bieten, aber an die Zero Escape Reihe kommt sie einfach nicht heran. Dafür haben Never7 und Ever17 schlichtweg viel zu viele Slice of Life Momente zu bieten. Und obwohl Remember11 eigentlich alle Schwächen seiner Vorgänger ausgleicht, ist es unmöglich darüber hinwegzusehen dass man sich aufgrund der fehlenden letzten Route einiges selber zusammenreimen muss. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, der kann der Reihe aber auf jeden Fall eine Chance geben.


Abschließende Bewertung



Never7 -The End of Infinity- ist als Slice of Life Romanze ganz okay, aber als Mystery Story taugt die Visual Novel leider nicht besonders viel. Nicht nur weil das Spiels sich weigert konkrete Antworten zu geben, sondern weil die Art und Weise wie es das tut einfach nur lächerlich ist.

 

Positive Aspekte von Never7

  • Hübsche Artworks und ein guter Soundtrack.
  • Obwohl die Charakterrouten nur jeweils eine Stunde dauern können die Romanzen teilweise ganz nett sein.
  • In der Fassung die ich gespielt habe (ein Fan Remake das mit Löve erstellt wurde) kann man durch Text durchskippen, bereits gesehene Szenen direkt ansteuern und sowohl zukünftige als auch vergangene Entscheidungen jederzeit verändern.

 

Negative Aspekte von Never7

    • Die Routen sind allesamt sehr kurz, wodurch sich weder die Story noch die Beziehungen zwischen den Charakteren ordentlich entfalten können.
    • Das Spiel hat zwar coole Ideen zu bieten, weigert sich aber konkrete Antworten zu geben, und das auf extrem lächerliche Art und Weise.
    • Okuhiko, der einzige männliche Charakter neben dem Protagonisten, ist nichts weiter als ein eindimensionales, arrogantes Arschloch und existiert dementsprechend nur um Konflikte zu entfachen.