[Review] Birth ME Code - Jack-Reviews.com

[Review] Birth ME Code

Mörderspiel
 
Birth ME Code ist eine Visual Novel die auf offensichtliche Art und Weise versucht das Konzept der Zero Escape Reihe zu kopieren. Die Story handelt nämlich von einem Mörderspiel in dem 9 Menschen in einer Schule eingesperrt wurden in der sie dutzende Rätsel lösen müssen um den Ausgang zu erreichen. Sie haben dazu allerdings nur sechs Stunden Zeit und müssen zu jeder vollen Stunde darüber entscheiden wer von ihnen sterben soll da ansonsten alle auf einmal draufgehen. Das Ziel dieses Votings besteht allerdings nicht darin willkürlich irgendwen umzubringen, sondern den Drahtzieher des Mörderspiels auszuschalten, weswegen das ganze auch als Kill:ME Spiel bezeichnet wird. Das stellt sich innerhalb der ersten paar Minuten allerdings direkt als Lüge heraus, da Pandora, die Protagonistin, selbst für dieses Spiel verantwortlich ist und dieses nur als Vorwand nutzt um einen Verräter in den eigenen Reihen zu entlarven.

Ich fand es ein bisschen seltsam sowas direkt am Anfang zu enthüllen, aber da hätte man sicherlich was interessantes draus machen können. Das Problem ist nur, dass es sich trotzdem nicht so anfühlt als ob Pandora tatsächlich Kontrolle über das Spiel hätte oder gar wüsste was zum Henker da eigentlich vor sich geht. Dafür mag es zwar eine Erklärung geben, aber es wäre vermutlich trotzdem besser gewesen diesen Twist erst später zu enthüllen. So hat sich das Spielerlebnis aber einfach nur falsch angefühlt, zumal Pandora trotz ihrer Rolle absolut inkompetent wirkt. Sie wird nämlich, egal wie man auch spielt, beim ersten Vote immer verdächtigt die Drahtzieherin zu sein. Und wenn man ausversehen die falschen Entscheidungen getroffen hat, dann hat sie absolut nichts sinnvolles zu ihrer Verteidigung zu sagen und wird dementsprechend direkt umgebracht.
 
Zero Escape

Die Entscheidungen in diesem Spiel finde ich verglichen mit Zero Escape allerdings auch richtig schlecht gemacht. Anstatt irgendwelche Türen zu wählen muss man nämlich den TRUST Wert der anderen Charaktere steigern indem man unter anderem mit diesen interagiert. Und das führt zum Beispiel dazu dass der allererste Charakter dessen TRUST auf 99% steigt auch der erste Charaktere ist der zu Tode gevotet wird. Davon abgesehen finde ich dieses System aber extrem schwammig da absolut nicht klar ist welche Werte die Story wie beeinflussen werden. Und bei manchen Entscheidungen ist im Vorfeld nicht mal klar welchen Charaktere sie betreffen. An einer Stelle kann man bei einem Begriff zum Beispiel die Vermutung äußern dass es sich um ein Anagramm handelt, woraufhin der TRUST Wert eines Charakters der nicht mal anwesend ist um 33% steigt.

Ein System das mehr an Zero Escape erinnert hätte ich also persönlich bevorzugt, vor allem um den Flowchart zu vereinfachen. Dieser erlaubt es einem zwar bestimmte Punkte innerhalb der Story anzusteuern, aber dazu muss man nicht nur einen neuen Spielstand wählen, sondern jede einzelne Entscheidung manuell festlegen damit die TRUST Werte für die gewünschte Route stimmen. Und das kann man scheinbar erst machen wenn man alle möglichen Optionen einer Entscheidung ausprobiert hat, wodurch ich an einer Stelle gezwungen war früher in die Story wieder einzusteigen als geplant obwohl ich die benötigte Option bereits in einem vorherigen Durchgang gewählt hatte.
 
Superbia
 
Das Routendesign von Birth ME Code hat allerdings ein noch viel größeres Problem: im Gegensatz zu Zero Escape sind die meisten Routen extrem kurz, sprich sie enden häufig nach ein oder zwei Rätselräumen und laufen so gut wie immer darauf hinaus dass sich die Charaktere selbst ohne Votes gegenseitig umbringen. Und das sorgt nicht nur dafür dass die Story ständig abgewürgt wird bevor sie tatsächlich interessant werden kann, sondern auch dafür dass die Charaktere allesamt extrem unsympathisch wirken.

Einzig in der letzten Route wurde tatsächlich versucht eine komplexe Story voller Twists und interessanter Konzepte zusammenzuschustern, was allerdings dazu führt dass man mit Exposition geradezu erschlagen wird während sowas wie Spannung komplett aus dem Fenster geworfen wurde. Wenn all das richtig gut und mindblowing gewesen wäre, dann hätte ich darüber eventuell hinwegsehen können. Die Sache ist nur, dass ich selbst nach dem Ending keine Ahnung hatte warum diese Story überhaupt passiert ist. Und das liegt vor allem daran dass Birth ME Code nichts weiter als ein Setup für ein anderes Spiel ist dass mittels Sequel Hook angeteased wird, aber welches aktuell noch gar nicht existiert. Das mag bei Virtue's Last Reward zwar auch der Fall gewesen sein, aber da fand ich die Story selbst ohne Sequel mehr als zufriedenstellend.
 
Birth ME Code
 
Bei Birth ME Code musste ich mich dafür mehrfach fragen warum manche Twists überhaupt existieren. So gibt es zum Beispiel eine Enthüllung die so wirkt als ob sie das komplette Spiel in ein neues Licht rücken würde, aber kurz darauf folgt ein weiterer Twist der den ersten indirekt für komplett unnötig erklärt. Und als bestimmte Fakten über einen Charakter enthüllt wurden musste ich mich außerdem fragen: hätte es irgendwas an der Story geändert wenn das nicht der Fall gewesen wäre? Es gab nämlich weder vor noch nach dieser Enthüllung irgendwelche Momente in denen dieser Fakt tatsächlich für den Ausgang der Story relevant gewesen wäre.

Wer sich allein für die Rätsel interessiert könnte aber ebenfalls enttäuscht werden. Vor allem weil es im Großen und Ganzen nur zwei Arten von Rätseln gibt: Wort- und Zahlenrätsel. In den Rätselräumen gibt es zwar noch weitere Rätsel, um die zu lösen muss man aber nur solange rumklicken bis die Charaktere sich automatisch drum kümmern. Von daher muss man normalerweise nur herausfinden welche Antwort vonnöten ist um den Raum zu verlassen. Und da gibt es eigentlich nur zwei oder drei Fälle wo man sich die Lösung mittels komplexer Hinweise erarbeiten muss. 
 
Puzzle

Außerhalb dieser Räume gibt es aber noch viele zusätzliche Rätsel die benötigt werden um Türen zu öffnen oder die Helme zu hacken die jeder Charakter trägt, wodurch Pandora für kurze Zeit deren Videofeed mitverfolgen kann. Und diese Rätsel haben mir echt nicht gefallen. Da gibt es für meinen Geschmack nämlich viel zu viele Fragen die versuchen Spieler auf diverse Art und Weise reinzulegen, wie Aufforderungen die nicht nur ein Hinweis auf die Lösung sind, sondern die Lösung selbst. So wird an einer Stelle zum Beispiel verlangt dass man in einem 5x5 Feld richtige Wörter im Uhrzeigersinn bilden muss (Spell valid words around clockwise), was ich eine Weile lang erfolglos versucht habe. Die Antwort ist mir aber die ganze Zeit ins Gesicht gesprungen, da man einfach nur „valid words around clockwise“ schreiben musste...

Es gibt allerdings auch Rätsel für die es innerhalb des Spiels keinerlei Hinweise gibt. Also, pro Rätsel kann man sich zwar zwei Hinweise anschauen, die tragen aber nicht unbedingt dazu bei dass man das Rätsel auch tatsächlich lösen kann. Erst recht nicht an der Stelle wo man die Reihenfolge der Elemente im Periodensystem kennen muss, was ich dank meiner nicht vorhandenen Chemie Kenntnisse nur per Google Suche lösen konnte. Von daher wäre es vermutlich besser gewesen einen Großteil dieser Rätsel zu streichen und stattdessen abwechslungsreichere Rätselräume einzubauen damit die einzelnen Routen nicht so kurz sind.

So muss ich aber leider sagen Birth ME Code eine schlechte Imitation der Zero Escape Reihe ist die qualitativ nicht mal an Zero Time Dilemma, also den schlechtesten Teil der Reihe, herankommt. Und dementsprechend interessiert mich weder das eventuelle Sequel, noch das Remake von Head AS Code, dem ersten Teil der Reihe.
 
Maske
 


Abschließende Bewertung



Birth ME Code ist eine schlechte Imitation der Zero Escape Reihe die abgesehen von Wort- und Zahlenrätseln nicht viel zu bieten hat und komplett daran scheitert eine interessante Story zu erzählen. Da kann auch das Finale nichts dran ändern da das komplette Spiel nichts weiter als ein Setup für ein Sequel ist.

 

Positive Aspekte von Birth ME Code

  • gute Artworks
  • atmosphärischer Soundtrack
  • der Flowchart ist zwar ein bisschen umständlich designt, aber damit kann man trotzdem einiges an Zeit sparen
  • bereits gelöste Rätsel (aber leider nicht die Rätselräume) können in späteren Durchgängen automatisch gelöst werden

 

Negative Aspekte von Birth ME Code

    • manche Enthüllungen scheinen komplett unnötig zu sein da sie die Story in keinster Weise beeinflussen
    • obwohl direkt am Anfang enthüllt wird dass man in die Rolle des Drahtziehers dieses Mörderspiels schlüpft, wirkt diese extrem inkompetent
    • die Routen sind allesamt zu kurz, wodurch man keinerlei Bindung zu den Charakteren aufbauen kann und auch keine Zeit bleibt um eine interessante Story zu entwickeln
    • es gibt viel zu viele Wort- und Zahlenrätsel, während alle anderen Arten von Rätseln automatisch gelöst werden
    • das komplette Spiel ist nichts weiter als ein Setup für ein Sequel, wodurch selbst am Ende nicht klar ist was eigentlich der Sinn der Story war