Der Protagonist, Wato Hojo, ist allerdings noch ein blutiger Anfänger der bisher keinen nennenswerten Fall gelöst hat und auch nicht vorhatte sich dieser Organisation anzuschließen. Er wird im Intro allerdings zwangsrekrutiert, mithilfe einer Spritze außer Gefecht gesetzt und wacht einige Zeit später in einem Spind wieder auf, genau wie mehrere Charaktere in Danganronpa. Im Gegensatz dazu findet Wato sich allerdings nicht in einer Schule, sondern auf einer Insel namens Morgue wieder, auf der es nur ein Labor und ein Anwesen namens Gormenghast zu geben scheint. Und es wird schnell klar, dass da irgendwas nicht mit rechten Dingen vor sich geht, da alle Menschen im Labor ermordet wurden und Wato ebenfalls stirbt wenn er es wagt da rein zu gehen.
Beim Betreten von Gormenghast gibt Wato aber ebenfalls beinahe den Löffel ab, da ein Kronleuchter von der Decke stürzt und ihn aus den Latschen haut. Und nachdem er zum zweiten Mal zu sich kommt trifft er endlich die anderen Detektive, die allesamt Spitznamen besitzen um ihre wahre Identität zu verschleiern. Wie Armor Detective, der die ganze Zeit eine Rüstung trägt und somit eh nicht erkannt werden könnte, und von allen Detektiven am schlechtesten darin ist logische Schlussfolgerungen zu ziehen. Wenn Muckis gefragt sind, dann gibt es allerdings so gut wie niemanden der ihm das Wasser reichen kann, mit Ausnahme von Rowdy Detective. Die hält mangels Rüstung zwar bei weitem nicht so viel aus, ist dafür aber wesentlich agiler.
Als blutiger Anfänger der keine besonderen Fähigkeiten vorzuweisen hat, erhält Wato da übrigens ebenfalls einen wenig schmeichelhaften Spitznamen: Incompetent Detective. Dabei stellt sich schnell heraus, dass er gar nicht so schlecht darin ist Mordfälle aufzuklären. Und er hat sogar eine besondere Fähigkeit die geradezu übernatürlich ist: er kann tödliche Ereignisse vorhersehen und sie somit vereiteln. Er ist allerdings nicht die einzige Person die sowas wie Superkräfte besitzt. Stattdessen gibt es auch noch Doleful Detective, einen Kerl der quasi als Gefahrenmagnet fungiert, aber gleichzeitig einen sechsten Sinn für sowas hat und somit Fallen vorhersehen kann in die andere planlos hineinstolpern würden. Und Morgue hat leider eine Menge Fallen und andere tödliche Bedrohungen zu bieten.
So finden sie zum Beispiel einen Korridor voller Drähte die fürs bloße Auge so gut wie unsichtbar sind und durch Fleisch schneiden wie ein heißes Messer durch Butter. Und an dessen Ende finden sie ein weiteres Opfer des unbekannten Täters der auf Morgue sein Unwesen treibt. Ob es sich dabei um den Quartering Duke oder jemand komplett anderen handelt, gilt es also im Laufe des Spiels herauszufinden. Die Gruppe von Detektiven wird im Laufe ihrer Nachforschungen allerdings immer weiter dezimiert und ist trotz technischer Geräte nicht in der Lage Unterstützung anzufordern, wodurch es umso dringender ist, dass sie dem Mörder das Handwerk legen.
Um das zu erreichen müssen sie aber erstmal Beweise sammeln und analysieren, wofür ein System zur Anwendung kommt das ein bisschen an SRPGs wie Final Fantasy Tactics erinnert. Sprich man steuert die Charaktere über eine isometrisch dargestellte Map in der sie pro Runde nur eine begrenzte Menge an Feldern überqueren und anschließend (oder auch davor) eine Aktion ausführen können. So können sie die Gegend untersuchen, ein Beweisstück analysieren, einen Hinweis studieren oder andere Detektive unterstützen. Jeder Detektiv besitzt außerdem andere Statuswerte, wodurch manche Beweisstücke zum Beispiel nur von den intelligenteren Charakteren der Gruppe analysiert werden können, wie dem rollstuhlgebundenen Techie Detective.
Manche Hinweise in der Spielwelt können außerdem erst dann analysiert werden wenn vorher andere, damit zusammenhängende Hinweise analysiert wurden. Und danach muss man den MP (Mystery Point) Wert des jeweiligen Hinweises noch auf 0 reduzieren, was eine bestimmte Menge an Schlussfolgerungs-Punkten voraussetzt. Die MP müssen zwar nicht in einem Zug auf 0 gebracht werden, einen Charakter mit nur einem Punkt davor zu stellen ist aber trotzdem nicht besonders hilfreich, zumal man nur eine begrenzte Anzahl an Zügen zur Verfügung hat bevor die Gruppe aus unerklärten Gründen krepiert. Man sollte also idealerweise einen Charakter mit hoher Schlussfolgerung drauf ansetzen, sowie einen zweiten Charakter der als Support fungiert. Letzterer darf allerdings nicht neben dem Hinweis stehen, sondern muss neben dem Charakter platziert werden den er unterstützen soll.
Aufgrund der begrenzten Menge an Zügen darf man außerdem nicht vergessen, dass Untersuchungsphasen allein keinerlei Zeit verbrauchen. Anstatt den Zug zu beenden nachdem alle möglichen Befehle vergeben wurden, sollte man also zuerst eine Untersuchungsphase einleiten und schauen ob dadurch neue Beweise zu Tage gefördert werden. Falls ja, dann sollte man noch eine zweite Untersuchungsphase einleiten, insofern noch Charaktere mit den nötigen Werten zur Verfügung stehen.
Eine Fähigkeit die ich lange Zeit komplett ignoriert, beziehungsweise vergessen habe (da zwischen den meisten Gameplay Sequenzen mehrere Stunden vergehen), ist außerdem die mapweite Bewegung. Damit kann der ausgewählte Charakter jeden Punkt der Map in einem Zug erreichen, darf anschließend aber keine Aktion mehr ausführen. Hätte mir in den ersten Fällen sicher einiges an Zeit erspart, dürfte gegen Ende aber die einzige Möglichkeit sein die Fälle überhaupt lösen zu können. Vor allem wenn man alle optionalen Hinweise sammeln will. Die sind für die Mordfälle zwar komplett irrelevant, schalten aber weitere Hintergrundinformationen frei, wie zum Beispiel über Fälle die von den anderen Detektiven gelöst wurden.
Was man auf jeden Fall sammeln sollte sind allerdings die Residual Thoughts, Erinnerungen die nur Wato aktivieren kann und die neue Storyszenen freischalten die sich auf bestimmte Charaktere fokussieren. Manche dieser Sequenzen wirken allerdings so als ob sie aus dem normalen Storyverlauf rausgeschnitten wurden, da Wato selbst drin vorkommt und es somit keinen Grund gibt Spielern diese Informationen vorzuenthalten, außer um das Gameplay ein wenig zu erschweren. Ein paar davon würden allerdings die Story spoilern, von daher macht es zumindest in diesen Fällen Sinn, dass sie erst später freigeschaltet werden.
Obwohl Process of Elimination kein RPG ist, gibt es übrigens ein paar Abschnitte in denen tatsächlich Gegner vorkommen. Und die fand ich von allen Leveln am schlechtesten da die Gegner nicht nur unsichtbar sind, sondern jeden Detektiv (außer Armor Detective) oneshotten sobald sie in Reichweite kommen. Und daraufhin darf man die komplette Sequenz nochmal von vorne spielen. Es ist zwar durchaus möglich die Gegner zu bekämpfen, dazu muss man aber erst schauen wo sie stehen bleiben (wofür es gnädigerweise einen visuellen Hinweis gibt), dann einen Charakter in deren Nähe bewegen der genug Reichweite für Untersuchungen besitzt (was Techie Detective ausschließt, da er nur die vier Felder um sich herum untersuchen kann), und danach muss man noch einen zweiten Charakter mit ausreichend Schlussfolgerung in Reichweite bringen, damit er den nun sichtbaren Gegner vernichten kann. Und dadurch bin ich beim zweiten Level dieser Art einige Male verreckt. Die mapweite Bewegung hätte mir da aber sicher den Arsch retten können, wenn ich deren Existenz nicht vergessen hätte.
Neben all diesem Strategie Gameplay gibt es außerdem eine Phase in der man mithilfe aller gesammelter Hinweise endlich den Täter entlarvt. Und in dieser Hinsicht kommt das Spiel leider weder an Ace Attorney noch an Danganronpa heran. Unter anderem weil die Beschreibungen aller Hinweise extrem oberflächlich sind und Spielern manchmal wichtige Informationen vorenthalten. Wie zum Beispiel „Dieser USB Stick enthält Informationen über eine spezielle Methode um XY zu tun“, aber um was für eine Methode es sich handelt erfährt man erst sobald der Stick als Beweis präsentiert wird. Dabei hat Techie Detective den bereits in der Strategie Sequenz analysiert und sollte somit wissen um was für eine Methode es sich handelt.
Es gibt außerdem Informationen die weder in der Untersuchungsphase gefunden werden können, noch bei den Beweisen aufgelistet sind. So wird im zweiten Fall erwähnt, dass irgendwer bestimmte Fakten angesprochen hat die auf den Täter hindeuten, aber obwohl ich mich an diese Gespräche erinnern konnte, hatte ich keine Ahnung wer gemeint war, da ich das Kapitel über zwei Tage hinweg gespielt habe. Anstatt wild rumzuraten habe ich also auf Youtube nachgeschaut um mich zu vergewissern von welcher Person die Rede ist. Wer die Fälle mit dem besten Ranking abschließen will, der sollte sich also entweder Notizen machen, oder jedes Kapitel in einem Rutsch durchspielen.
Ich bin außerdem kein Fan davon, dass Wato bereits die Lösung eines jeden Falls kennt sobald die Strategie Sequenz vorbei ist. Spieler müssen zwar trotzdem noch ein paar Fragen beantworten, in Sachen Gameplay hat die Auflösung der Fälle ansonsten aber nichts zu bieten. Die Mordfälle sind aber durchaus interessant, teilweise emotional und haben auch ein paar nette Tricks zu bieten. Deren Komplexität lässt aufgrund der Kürze des Gameplays allerdings zu wünschen übrig. Stundenlange Auflösungen ala Danganropa sucht man hier jedenfalls vergeblich. Mit einer Spieldauer von circa 17 Stunden ist es für eine Visual Novel außerdem recht kurz. Und hätte an sich noch kürzer sein können, da die Mitte des Spiels sich ein bisschen in die Länge zieht, mit mehreren Rätselsequenzen auf die Spieler keinerlei Einfluss haben. Im Finale passiert außerdem etwas, dass ich komplett unnötig fand, und zu ebenso unnötigen Untersuchungen führt. Da erfährt man zwar Informationen die für die Auflösung der Story essenziell sind, aber die hätten sicherlich auch anders vermittelt werden können.
Ich habe mich außerdem schwer damit getan irgendwen als Mörder zu verdächtigen, da im Laufe des Spiels enge Kameradschaften zwischen Wato und den anderen Detektiven zustande kommen und es geradezu unmöglich wirkt, dass irgendwer von denen ein wahnsinniger Serienmörder sein könnte. Die einzige Ausnahme stellt Renegade Detective dar, ein verurteilter Mörder der Wato bei ihrem ersten Treffen beinahe erwürgt und nur aufgrund seiner Fähigkeit sich in andere Mörder hineinzuversetzen noch auf freiem Fuße ist. Ihm wurde zwar eine Bombe in den Nacken implantiert, für den Fall, dass er außer Kontrolle gerät, aber ich finde es trotzdem schwachsinnig, dass die Detektivorganisation solch einen unberechenbaren Kerl angeheuert hat. Unter anderem weil er laut seinem Profil beim Lösen seiner Fälle bereits mehrere Täter ermordet hat, auf indirekte Art und Weise. Als Kandidat für den Quartering Duke ist er außerdem viel zu offensichtlich. Ob er es trotzdem ist oder nicht, werde ich hier aber natürlich nicht verraten.
Neben Renegade hat mich allerdings auch Wato ein bisschen genervt. Genauer gesagt sein Verhalten in späteren Kapiteln, weil es extrem frustrierend und dumm ist und die prekäre Situation der Gruppe unnötig erschwert. Ich kann seine Entscheidungen zwar nachvollziehen, das macht sie aber keinen Deut besser. Im Großen und Ganzen ist Process of Elimination aber eine unterhaltsame Visual Novel die ich Fans von Murder Mysteries durchaus empfehlen kann. Mag nicht so komplex oder fantastisch sein wie andere Vertreter des Genres, aber dafür probiert es in Sachen Gameplay wenigstens was Neues aus. Da hätten die Entwickler aber auf jeden Fall noch mehr draus gemacht werden können. Ein gutes Beispiel wäre die Fallen-Mechanik, die so gut wie nie zum Einsatz kommt und mit Ausnahme von einem einzigen Level komplett irrelevant ist. In diesem Level kann man nämlich nur ein paar wenige Charaktere kontrollieren, während der Rest tut was er will. Was extrem problematisch ist wenn man ein bestimmtes (optionales) Beweismittel untersucht, weil plötzlich überall Fallen spawnen die augenblicklich ein Game Over herbeiführen wenn ein Charakter da drin stehen bleibt ohne die Falle zu entschärfen. Im restlichen Spiel gab es sowas aber überhaupt nicht, wodurch das wie ein Überbleibsel einer Mechanik wirkt die nach diesem Level direkt verworfen wurde.
Ich sollte außerdem erwähnen, dass das Spiel in etwa genauso Anime ist wie Danganronpa, was sich nicht nur im übertriebenen Verhalten von Charakteren wie Armor und Rowdy äußert, sondern auch darin, dass mehrere Detektive minderjährig sind, aber trotzdem bereits Dutzende Fälle gelöst haben. Bookworm Detective, ein junges Mädchen mit einem photographischen Gedächtnis, redet außerdem die ganze Zeit in der dritten Person von sich, was extrem seltsam ist, aber teilweise auch sehr lustig wenn sie damit andere Charaktere disst.
Der Soundtrack ist außerdem ganz stimmig und hat einige spannende, emotionale, verstörende und ein paar richtig gute Songs zu bieten. Darunter das Title Theme, das ich manchmal einfach so nebenbei habe laufen lassen bevor ich endlich weitergespielt habe. Die Soundeffekte fand ich dafür ein bisschen durchwachsen. Vor allem den Herzschlag Sound. Mit meinen Lautsprechern klang der nämlich überhaupt nicht wie ein Herzschlag, sondern mehr wie ein Sound aus einem SNES Spiel. Mit meinen qualitativ besseren Kopfhörern klang es schon wesentlich mehr wie ein Herzschlag, aber trotzdem noch sehr künstlich. Mag nur ein winziger Kritikpunkt sein, aber da der Sound sehr oft zum Einsatz kommt, wollte ich ihn trotzdem erwähnen.
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Abschließende Bewertung
Positive Aspekte von Process of Elimination
- Stimmiger Soundtrack und gute (japanische) Sprachausgabe.
- Gute Story mit interessanten Tricks, einigen spannenden und emotionalen Momenten und hübschen CGs die wichtige Momente einfangen.
- Im Laufe des Spiels entwickeln sich feste Kameradschaften zwischen den Charakteren, wodurch es schwer ist zu glauben, dass irgendwer von denen ein wahnsinniger Serienmörder sein könnte.
Negative Aspekte von Process of Elimination
- Watos Verhalten in den späteren Kapiteln ist extrem frustrierend und dumm.
- Trotz der kurzen Spielzeit von circa 17 Stunden zieht sich die Story in der Mitte ein bisschen und gegen Ende passiert auch noch etwas das ich komplett unnötig fand.
- Das Gameplay ist für diese Art von Spiel mal was anderes, aber leider auch bei weitem nicht so packend wie in Danganronpa oder Ace Attorney, und kommt auch nur sehr selten zum Einsatz.